Simulation – Keine lahme Ente – Arbeiten mit rheumatoider Arthritis

Ich bin Sandra, 37 Jahre alt und habe seit meinem 22. Lebensjahr rheumatoide Arthritis.

Als ich auf dem Instagram Account der Rheumaliga den Beitrag sah, dass es nun einen Handschuh gibt der Rheuma simuliert, wollte ich diesen unbedingt ausprobieren. Das ist meine Chance meinem Chef und meinen Kollegen mal zu zeigen, wie sich die Bewegungseinschränkungen während eines Schubs anfühlen.

Ich arbeite bei der Deutschen Telekom AG im Personalbereich was hauptsächlich Computerarbeit bedeutet. Dass ich morgens anrufe und mich mit den Worten „Heute geht gar nix, alles schmerzt, ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen.“ krankmelde, kommt zum Glück nur sehr selten vor, aber an sehr schlechten Tagen passiert es manchmal trotzdem. Deutlich öfter sind die Tage, an denen ich „aushaltbare“ Schmerzen habe, die Arbeit aber schwerer fällt. Ich kämpfe mich dann meist durch den Tag, das habe ich in den letzten 15 Jahren Rheuma gelernt.

Die Ankunft des Handschuhes hatte ich freudig erwartet. Als das Paket eintraf, zog ich ihn direkt an und es fühlte sich vertraut an. Die Bewegungseinschränkungen und das Gefühl, wie sich eine Hand im Schub anfühlt, wird wirklich gut simuliert. Kompliment!

Dann war es so weit. Unter dem Motto: „Sandra besser verstehen“ lud ich meine Kolleg*innen zu einem kleinen Workshop ein. Ich hatte Folgendes vorbereitet:

  • Mit Kugelschreiber schreiben (Vergleich dicke Kugelschreiber/dünne Kugelschreiber)
  • Computer Maus benutzen
  • Tasse halten
  • Wasserflasche nutzen
  • Knöpfe zumachen
  • Messer benutzen
  • Teller in die Spülmaschine stellen

Auch wenn ich im Alltag immer sehr offen über mein Rheuma spreche, war der Termin eine sehr emotionale Erfahrung für mich. Mich so zu öffnen und zu zeigen, wie es sich anfühlt, ist nochmal ganz anders, als nur darüber zu reden. Denn ich möchte kein Mitleid, sondern „nur“ Verständnis. Ich wusste auch nicht, wie meine Kolleg*innen reagieren würden. Doch sämtliche Bedenken waren unbegründet. Meine Kolleg*innen waren äußerst neugierig und ich stieß auf viel Interesse, große Augen und „Wow“-Momente.

Die Reaktionen waren unbezahlbar. Von: „So fühlt sich das an?“ bis hin zu: „Krass, du kannst dann ja gar nichts.“ war alles dabei. Auch im Nachgang erreichte mich sehr positives Feedback: „Danke für das Learning von heute. Das war eine sehr wichtige Erfahrung für mich“ oder auch: „Die Session fand ich super, das hat vieles nochmal verdeutlicht.“ Ein Kollege hat sogar einen LinkedIn Post dazu veröffentlicht.

Diesen Workshop zu machen, war definitiv die richtige Entscheidung. Mein ganz persönliches Learning: Ich habe super offene und verständnisvolle Kolleg*innen und einen tollen Arbeitgeber, die mir die Flexibilität geben, auch an schlechten Tagen meine Arbeit auf meine Art und in meinem Tempo zu erledigen. Und das Wichtigste: Eine lahme Ente bin ich definitiv nicht. 🙂

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert